Ron und Don – zwei republikanische Populisten

Ron gegen Don? Donald Trump hat schon angekündigt, dass er wieder antritt, um die Präsidentschaft, die man ihm „gestohlen“ hat, zurückzuerobern. Ron DeSantis, der republikanische Gouverneur von Florida, hat seit Monaten großes Aufsehen erregt mit Projekten, die bei Anhängern der Demokratischen Partei scharfe Kritik ausgelöst haben, in republikanischen Kreisen jedoch mit Begeisterung aufgenommen wurden, weil sie voll und ganz auf der Linie republikanischer Interessen liegen. Immer häufiger wird in der Öffentlichkeit gemunkelt, dass Desantis bald seine Kandidatur verkünden werde und dass seine ganze Politik strategisch auf dieses Ziel ausgerichtet sei. Auch Trump vermutet dies und äußert sich enttäuscht über die „Illoyalität“ eines Mannes, der ohne seine Hilfe kaum Gouverneur geworden wäre. Trump, der üblicherweise in Wahlkämpfen seine Gegner mit Spitznamen belegt, hat vorbeugend auch schon einen für Desantis geprägt, der diesem Scheinheiligkeit unterstellt: „DeSanctimonious.“

Schon einmal hatte das liberale Amerika und die es repräsentierende Demokratische Partei geglaubt, dass ein bombastischer Showman keine Chance habe, zum Präsidenten gewählt zu werden. Wie sehr wurden sie überrascht, als 2016 Donald Trump die Wahl gewann. Wird sich das Ergebnis von 2016 im Jahre 2024 wiederholen? DeSantis verfolgt eine ähnliche Politik wie Trump, ist aber in anderer Hinsicht nicht mit ihm zu vergleichen. Trump hat Charisma. Davon hat DeSantis weniger. Dafür hat er Intellekt. Mit Fleiß und Intelligenz absolvierte er seine Studien an der Yale University, graduierte erfolgreich an der Harvard Law School und spricht, anders als Trump, in ganzen Sätzen. Ein anderer Vergleich bietet sich an: Während Trump es angeblicher Knochensporne verdankte, vom Militärdienst verschont zu bleiben, diente DeSantis seinem Land als Marineoffizier. Dexter Filkins, ein Journalist, der DeSantis seit längerem beobachtet, bestätigt ihm – im Unterschied zu Trump – ein hohes Maß an Arbeitsethik.

Die Frage erhebt sich: Was an DeSantis Politik ist ideologisch begründet und was ist auf Publikumswirkung ausgerichtet? Vielleicht gibt es diese Trennung nicht. Vielleicht hat Desantis das Glück, dass seine eigenen ideologischen Überzeugungen sich decken mit den Überzeugungen einer Mehrheit von Amerikanern, die sich von ihm repräsentiert fühlen und ihn daher wählen. Wenn dem so wäre und DeSantis würde Präsident werden, wäre dies der Abschied von einem liberalen Amerika, das der Welt einmal als ein demokratisches Vorbild galt.

Gouverneur DeSantis ist seit 2019 im Amt und wurde 2023 für vier weitere Jahre gewählt. In den Beginn seiner Amtszeit fällt der Ausbruch der Covid-Pandemie. DeSantis erkannte in ihr die Krise, die er – einem Churchill-Wort folgend – nicht ungenützt verstreichen lassen wollte. Er erlaubte zunächst im Frühjahr 2020 Schulschließungen, verurteilte sie aber Monate später als Irrtum und bestand auf völliger Öffnung der Schulen. Desgleichen führte er gegen alle Widerstände den Kampf gegen Pflichtimpfungen und Maskentragen, da sie letztlich wirkungslos seien und eine größere Gefahr bedeuteten, als die Krankheit selber. Unterstützt wurde er von seinem Generalarzt, ein als von DeSantis selbst eingesetzter Kardiologe, der nicht die geringste Qualifikation als Immunologe oder Infektiologe besitzt. Australiens konsequente Restriktionen zur Eindämmung der Pandemie veranlasste DeSantis zu der Frage, ob die USA noch diplomatische Beziehungen zu diesem Land haben sollten, das doch „kein freies Land sei, nicht freier als das kommunistische China“ (Rede bei der International Boat Builders‘ Exhibition in Tampa). Australien, dessen Bevölkerung ca. 4 Millionen über der Floridas liegt, verzeichnete bis Januar dieses Jahres nur 18.092 Covid-Tote, in Florida starben mehr als 85.000. Starben sie für die Freiheit, oder starben sie für DeSantis‘ Ambitionen?

Ähnlich wie Trump beschäftigt auch DeSantis die Gerichtshöfe und versucht durch den Erlass neuer Gesetze laufende Klagen gegen seine Aktionen ins Leere laufen zu lassen. Eine solche Aktion bestand darin, dass er zwei Flugzeuge charterte und fünfzig aus Venezuela stammende Immigranten von Texas aus nach Martha’s Vineyards Garden in Massachusetts hatte bringen lassen. Auf diese Weise wollte er auf Präsident Bidens unpopuläre Immigrationspolitik hinweisen: „I think people are sick of having an open border with no rule of law in this country.“  Natürlich fand diese Aktion den uneingeschränken Beifall aller konservativen Patrioten. Bis jetzt hat der Staat Florida schon 350.000 Dollar an Rechtsanwaltskosten bezahlen müssen, außerdem 1,6 Millionen für die beiden Flugzeuge. Durfte DeSantis das Geld dafür verwenden, obwohl die Immigranten ursprünglich nicht in Florida waren? Nahm er das Geld unberechtigterweise aus einem für Covid-Hilfe bestimmten Fond? Die Klagen laufen. (Daily News, 5. Feb. 2023)

„Woke“ ist ein Begriff, der nicht von DeSantis erfunden wurde, der aber durch ihn ins Vokabular politischer Reden aufgenommen wurde. Grammatisch gesehen ist es das Imperfekt von „wake“ und heißt so viel wie „aufgeweckt“ sein gegenüber bestimmten Verhältnissen, sich ihrer bewusst zu sein. „Florida is where woke is going to die“ – Florida ist der Staat, in dem „woke“ ausgemerzt wird. Dies versprach er seinen Anhängern, d.h. der überwältigenden Mehrheit der Floridianer, am Beginn seiner zweiten Amtszeit. Drei zentrale Begriffe im demokratischen System der USA sind Gerechtigkeit, Vielfalt und Integration (equity, diversity, integration). Menschen sind auf vielerlei Weise unterschiedlich, aber müssen gerecht, d.h. praktisch gleichberechtigt, behandelt werden und haben das Recht, von der Gesellschaft trotz aller Verschiedenheit akzeptiert zu werden. Es ist offensichtlich, dass die drei demokratischen Prinzipien vor allem dem Schutz von gesellschaftlichen Minderheiten dienen. Zu diesen gehört die Minderheit der Schwarzen und die der Menschen, deren Sexualität von der Norm abweicht. Diesen beiden Gruppen hat DeSantis den Kampf angesagt mit der Unterzeichnung von Gesetzen, die bei Demokraten reinen Horror auslösten, bei Republikanern helle Freude.

Der „Individual Freedom Act“, allenthalben „Stop Woke-Act“ genannt, soll dem Staat die Macht geben, im Geschäftsleben die bisher angewandten Kriterien bei Einstellungen wie Rasse oder Geschlecht eines Bewerbers zu verbieten. Keine Diskussion von kritischer Rassentheorie (critical race theory) und ihrer zentralen Idee, dass Rassismus systemisch in amerikanischen Institutionen ist, die dazu dienen, die weiße Dominanz in der Gesellschaft aufrecht zu halten. Keine Fördermaßnahmen („affirmative action“) mehr für Schwarze. Außerdem soll der Staat das Recht erhalten, Regeln darüber aufzustellen, was Professoren in ihren Lehrveranstaltungen, Lehrer in den Schulen sagen dürfen und was nicht. Ziel soll sein, die jungen Menschen nicht mit Wissen zu belasten, das geeignet ist, unangenehme Gefühle, wie etwa Scham oder Schuld auszulösen. Tabu ist also eine objektive Behandlung der amerikanischen Geschichte, in der die Rassenproblematik seit der Sklaverei bis in die heutigen Tage eine zentrale Rolle spielen müsste. Ein Bundesgericht hat allerdings den Stop Woke-Akt als verfassungswidrig und damitfür ungültig erklärt. Aber DeSantis wird nicht aufgeben und wohl in die Berufung gehen.

Der offizielle Name für ein anderes Gesetz, das Desantis stolz unterzeichnet hat, lautet „Parental Rights in Education Act“. Sehr schnell erhielt es jedoch einen anderen Namen: „Don’t Say Gay Bill“ – „Sag nicht schwul“-Gesetz. DeSantis wies darauf hin, dass das Gesetz keineswegs das Wort „schwul“ enthält, dass es vielmehr Eltern mehr Transparenz geben soll über das, was ihre Kinder in den öffentlichen Schulen lernen. Soweit klingt das vernünftig. Doch dann kommt das Verbot: Kinder im Kindergarten (4 bis 6 Jahre alt) und Kinder bis zur dritten Schulklasse (6 bis 9 Jahre) dürfen nicht über Themen wie „sexuelle Orientierung“ oder „Geschlechtsidentität“ unterrichtet werden. Das Gleiche gilt auch für ältere Schüler, wenn die Behandlung der Problematik nicht „altersgemäß“ (age-appropriate) oder „entwicklungsgemäß“ (developmentally-appropriate) ist. Gegner dieses Gesetzes sehen in ihm das totale Verbot, über „LGBTQIA2S+“ zu reden, also über jene Gruppe von Menschen, deren unterschiedliche sexuelle Veranlagung sie zu einer Minderheit in der Gesellschaft macht. Die Schulaufsichtsräte (school boards), bestehen aus gewählten Eltern, und in Florida gehören diese in der Regel zu der überwiegenden Mehrheit der DeSantis-Wähler und werden in seinem Sinne handeln. Schon gibt es Forderungen nach einer Zensur von Büchern in Schulen, die nach Ansicht von Eltern nicht für ihre Kinder geeignet seien. Ein Mitglied des Schulaufsichtsrats in Naples hat die Wiedereinführung der Prügelstrafe für schwierige Schulkinder befürwortet.

Eine alte Klage von Republikanern und anderen Konservativen ist, dass Amerikas Hochschulen ihre Studenten so einseitig indoktriniere, dass sie widerstandlos linke Anschauungen übernehmen und mit ihnen in ihr berufliches Leben treten. DeSantis als Absolvent von Yale und Harvard muss wohl die Ausnahme repräsentieren. Nicht einmal mäßigen konnten die Universitäten seine extrem rechten Anschauungen. Aber nicht alle haben eine solche Immunität gegen links wie DeSantis. Daher hat er eine Strategie entwickelt, wie das Hochschulklima sich nach rechts entwickeln soll.

Der erste Ansatzpunkt ist das „Advanced Placement“-Programm, aus dem jährlich hunderttausende Highschool-Absolventen Kurse belegen, um sich mit dem Ergebnis bei Colleges und Universtäten zu bewerben. Dieses Programm wird in den gesamten USA durchgeführt von dem „College Board“, einer neutralen Nonprofit-Institution. Dieser Hochschulrat hatte in seinem Programm einen Kurs mit dem Namen „African American Studies“, der sich mit der Geschichte der schwarzen Amerikaner befasst. DeSantis nannte den Kurs reine „Indoktrination ohne erzieherischen Wert“. Der Hochschulrat nahm Änderungen an dem Kurs vor, um DeSantis‘ Wünschen näher zu kommen. Themen wie „Black Lives Matter“, Reparationszahlungen an die schwarze Bevölkerung, massenhafte Inhaftierungen Schwarzer wurden den Schülern zur wahlweisen Behandlung freigestellt. Alles Entgegenkommen genügte DeSantis nicht. „Dieser Hochschulrat (College Board) wurde von niemandem gewählt.  Er bietet eine Dienstleistung an, die man annehmen kann oder auch nicht. Man kann wahrscheinlich andere Anbieter finden, die ebenso gut arbeiten oder noch besser.“ Solche Urteile lassen Schlimmes befürchten für weitere Maßnahmen DeSantis’ bezüglich der Hochschulpolitik.

Am 28. Dezember 2022 verlangte ein Sprecher DeSantis‘ von den 12 Universitäten und 28 Colleges eine „komplette Liste allen Personals, aller Programme und aller Campus-Aktivitäten, die mit Vielfalt, Gleichberechtigung und kritischer Rassentheorie zu tun haben.“ Verlangt wurde auch die Höhe der Kosten für die angebotenen Programme. Sicherlich bezieht sich die Forderung auf das von DeSantis eingesetzte „Stop Woke“-Gesetz.  Aber ein Grund wurde nicht angegeben. Das liegt wohl daran, dass ein Bundesrichter den sich auf die Freiheit der Professoren beziehenden Teil früher schon für nicht rechtskräftig erklärt hatte. Seine Begründung: „Der Staat Florida darf seinen Professoren keinen Maulkorb anlegen.“ Gouverneur DeSantis aber versucht es weiterhin, möglicherweise vermittels Reduzierung der finanziellen Zuwendungen für widerspenstige Hochschulen.

Sein nächstes Ziel war das „New College“, ein 62 Jahre altes öffentliches College in Sarasota, das von U.S. News & World Report ständig zu den besten zehn geisteswissenschaftlichen (liberal arts) Colleges in den USA gezählt wird. Es fiel DeSantis‘ Bemühen, Hochschulen zur politischen Rechten zu steuern, zum Opfer. Er entwickelte Pläne, Programme zu eliminieren, die Vielfalt, Gleichberechtigung und soziale Integration thematisierten. Tun konnte er dies mit Hilfe eines dreizehnköpfigen konservativen Aufsichtsgremiums (board of trustees), dessen Mitglieder er selbst eingesetzt hatte. Führend unter ihnen ist Chris Rufo, Dekan am Hillsdale College, einem privaten christlichen College in Michigan, das sich eine streng konservative Ausbildung zur Mission gemacht hat. Rufo ist bekannt als leidenschaftlicher Aktivist gegen Transgender- und Rassenproblematik. Er applaudierte, als DeSantis den Akt betreffs Elternrechte in der Erziehung (Parental Rights in Education) unterzeichnete. Die Umstrukturierung in der Hochschulpolitik, die Wende von einer liberal demokratisch orientierten Ausbildung hin zu einer streng konservativen Ausbildung verkörpert sich repräsentativ in der feindlichen Übernahme eines kleinen Colleges in Sarasota. Seine Präsidentin wurde entlassen. Als Nachfolger wurde DeSantis‘ Bildungsminister ernannt.

Die Gewerkschaft des Lehrpersonals an Hochschulen (United Faculty of Florida) mit ihren 25,000 Mitgliedern protestierte gegen „extremistische, autoritäre Attacken“ der Regierung und kündigte Widerstand gegen DeSantis‘ Pläne an.  Zu diesen gehören: die Eliminierung von Woke-Kursen; die Forderung, dass Colleges und Universitäten an die Regierung berichten, wieviel sie für die Woke-Kurse ausgeben; das Recht von Aufsichtsgremien und Präsidenten zur „agressiven“ Überprüfung von unkündbaren (tenured) Professoren alle fünf Jahre.

DeS antis fand Wege, wie er bestimmte gesetzliche Hürden umgehen kann. Geplant ist die Ausweitung eines privaten Schülergutscheins (school voucher), der es den Eltern ermöglicht, ihr Kind aus dem öffentlichen Schulsystem, mit dem sie nicht zufrieden sind, herauszunehmen und in eine private Schule zu schicken, wo es eine religiöse oder ideologische Erziehung erhält, die den Eltern gefällt. Bisher gab es laut Gesetz diesen Gutschein nur für arme Eltern oder solche mit behinderten Kindern, die eine besondere Betreuung brauchen. DeSantis will mit dem Gutschein allen Eltern, auch reichen Eltern, die Möglichkeit einer privaten Schule für ihre Kinder geben. Das klingt gut, wenn man vergisst, dass das Geld für die Gutscheine aus dem Budget der öffentlichen Schulen kommt und dort dann fehlt, wo eine Erziehung ohne politische oder religiöse Tendenz für alle angeboten wird.

Nicht einverstanden mit dem Gesetz „Don’t say gay“ sind die Angestellten und die Leitung der Walt Disney Corporation, die in Orlando ihre Florida-Zentrale hat. Der Generaldirektor Bob Chapek schrieb einen Protestbrief an DeSantis. „Ich weiß, dass viele (unserer Angestellten) entrüstet sind, dass wir nicht früher gegen das Gesetz protestiert haben. Wir waren von Anfang an dagegen, aber wir wollten nicht öffentlich darüber reden, weil wir glaubten, effektiver zu sein, wenn wir hinter der Szene arbeiteten und mit den Gesetzgebern direkt sprechen würden.“ Chapeks Protest war erfolglos. Daraufhin unterstütze Disney die Menschenrechtskampagne gegen das Gesetz und spendete ihr fünf Millionen.

Das hatte Folgen für Disney. DeSantis nahm Rache, indem er alle Sonderprivilegien aufhob, die die Disney Corporation in Florida hatte. Verhandlungen zwischen Disney und der Florida-Regierung führten 1967 zur Gründung eines besonderen Bezirks, der dieselbe Autorität und Funktion wie eine County-Regierung hatte.  Genannt wurde er Reedy Creek Improvement District. Disney durfte in diesem Bezirk Steuern erheben, von denen kommunale Dienstleistungen wie Elektrizität, Wasser, Straßen usw. bezahlt wurden. Bisher wurden die leitenden fünf Vorstandsmitglieder von Disney eingesetzt. Der künftige Vorstand wird von DeSantis eingesetzt. Seine diktatorische Erklärung: „Ein neuer Sheriff ist in der Stadt und so wird es eben sein“ („A new sheriff is in town and that’s the way it’s going to be“.

Sheriff DeSantis handelte knallhart auch in einem anderen Fall. Er setzte den mehrmals von den Bürgern gewählte Bezirksstaatsanwalt von Hillsborough County ab, weil dieser eine „woke agenda“ verfolge und gesagt habe, er bringe Fälle, die mit Abtreibung zu tun hätten, nicht vor Gericht. DeSantis ließ nicht einen neuen Bezirksstaatsanwalt wählen, sondern setzte einfach einen ihm getreuen als Nachfolger ein. Damit gab er den Bürgern zu verstehen: Ihr habt ihn zwar gewählt, aber ich weiß es besser. Der alte Staatsanwalt klagte und bekam von einem Bundesrichter bestätigt, dass DeSantis mit der Absetzung sein Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt habe und ihn daher zu Unrecht abgesetzt habe. Dies nützte dem Staatsanwalt jedoch wenig, weil der Richter nicht die Macht hatte, ihm seine alte Position zurückzugeben

Öffentliche Proteste und Demonstrationen sind ein Ärgernis für Sheriff DeSantis. Deswegen hat er ein sogenanntes „Antiaufruhr“-Gesetz unterzeichnet, das ihm die Möglichkeiten geben kann, Demonstrationen zu verbieten. Ein Bundesgericht hat das Gesetz als nicht im Einklang mit der Verfassung stehend vorerst blockiert. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, so die Spekulation von DeSantis.

Beliebt machen sich Politier, wenn sie sich für Natur und Umwelt einsetzen. Das weiß auch DeSantis, der einen Staat mit einem der größten Naturparks, den Everglades, regiert. Deswegen habe er, DeSantis, in seinem Budget große finanzielle Unterstützung vorgesehen, die eine „goldene Ära“ für die Ziele des Naturschutzes verspräche. VoteWater, eine Organisation, unter deren Dach mehrere Umweltverbände arbeiten, kommt zu folgender Aussage: „Seit DeSantis im Amt ist haben wir das größte Manatee-Sterben in der Geschichte erlebt. Wir haben die schreckliche Algenplage (,), die die Westküste heimgesucht hat gesehen; wir haben gesehen, wie das Seegras in den Flüssen und in der Indian River Lagoon gestorben ist …“ Viele weitere Missstände werden genannt. Das abschließende Urteil: „Wenn dies die ‚goldene Ära‘ ist, wollen wir nicht wissen, wie die silberne aussieht.“

Wie Trump hat auch DeSantis den Kampf gegen Wahlbetrug, den es bekanntlich kaum gibt, auf seine Fahne geschrieben. Lautstark verkündete er die Festnahme von zwanzig ehemaligen Straftätern, weil sie illegal gewählt hätten. Diese hatten ihre Strafe verbüßt und waren laut Gesetz wahlberechtigt. Von offizieller Seite erhielten sie die Wahlunterlagen und also gingen sie 2020 guten Gewissens zur Wahl. Jene, die bis jetzt vor Gericht standen, wurden freigesprochen. Übrigens: Sie alle waren schwarz.

Trump fühlte sich verfolgt von den Medien, weil sie angeblich nur Lügen, „fake news“  verbreiten. Den gleichen Vorwand gebraucht DeSantis und lud zu einem Roundtable ein, bei dem er forderte, dass es Klägern leichter gemacht werden müsse, wenn sie wegen Diffamierung gegen ein Presseorgan klagen wollen. Bisher war das angeklagte Presseorgan nicht gezwungen zu beweisen, dass eine Behauptung in jedem Detail richtig ist. Anonyme Quellen mussten nicht offengelegt werden. DeSantis Angriff auf die Medien dient nicht dem kleinen Mann, sondern den Reichen und Mächtigen, die mit Klagedrohungen das Schweigen der Medien über gewisse Dinge erzwingen können. Erstes Amendment der Constitution:„Die Verfassung schützt das Recht der Presse. Das bedeutet, dass man frei ist, seine Meinung auf jeder Plattform zu veröffentlichen, ohne Angst haben zu müssen, dass die Regierung das verhindert.“ Diese von der Verfassung garantiert Freiheit der Presse möchte DeSantis beenden.

Mehr Freiheit dagegen will DeSantis den Waffenliebhabern einräumen. Bisher brauchte man in Florida eine besondere staatliche Genehmigung, Waffen verdeckt tragen zu dürfen. Der Regierungssprecher Paul Renner hat Anfang Februar eine Gesetzesvorlage eingereicht, die es erlaubt, ohne Genehmigung und ohne besonderes Training Waffen verdeckt zu tragen. Der Regierungssprecher betonte, dass Gouverneur DeSantis dieses neue Gesetz befürwortet. Alles, was Ron DeSantis in seiner bisherigen vierjährigen Amtszeit als Gouverneur an politischen Maßnahmen durchgeführt hat, könnte genauso gut von Donald Trump praktiziert werden. Alle Aktionen entsprechen ganz der Ideologie der neueren, extrem rechten Republikanischen Partei. In Florida konnte er damit erfolgreich sein, denn die Bevölkerung ist überwiegend republikanisch-konservativ eingestellt und hat ihn zweimal mit großer Mehrheit gewählt. Bei vielen Themen spricht DeSantis der breiten Masse der Bevölkerung durchaus aus dem Herzen. Misstrauen gegen Hochschulen und Hochschulgebildete ist weit verbreitet. Der Intelligenz-Elite wird vorgeworfen, dass sie die Jugend mit linken Ideen indoktriniert, und das auch noch auf Kosten des Steuerzahlers. Dass Minderheiten wie Schwarze und Homosexuelle zu viel Rücksicht gewidmet werde, ist gängige Überzeugung von Konservativen. Dass weiße, christliche Amerikaner immer mehr in den Hintergrund der Gesellschaft gedrängt würden, müsse verhindert werden; dass das Land nicht weiter von Immigranten überflutet werden sollte; dass Amerikas glorreiche Vergangenheit nicht durch kritische Geschichtsschreibung getrübt werden dürfe, weil dadurch die patriotischen Gefühle verletzt würden. Dies alles ist republikanisch-konservatives Gedankengut. Personifiziert wird es durch zwei Menschen, deren populistisches Geschick sie zu Führer oder Verführer der Nation macht: Trump und DeSantis. Manche sagen, dass DeSantis, zwar ein Baby Trump (Rev. Sharpton) sei, doch der intelligentere Trump. Dieser hat seine Kandidatur schon angekündigt. DeSantis Kandidatur wird in Bälde erwartet. Sollte DeSantis die Wahl gewinnen, muss man vermuten, dass er seine bisherige Florida-Politik auf die ganzen Vereinigten Staaten überträgt.  Noch ist es nicht so weit.